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Man muss wissen, woher man kommt,
wenn man wissen will, wer man ist.
Wir sind nicht nur wir selber.
Wir sind auch unsere Herkunft.

In unserer Gegenwart sind die Wünsche, die Lebensbilder, die Lebenserwartungen der Menschen eingegangen, die vor uns gelebt haben.

Sie auszuspüren heißt, sich selber kennenzulernen.

Zitat:
Prof. Dr. Fulbert Steffensky

 

Die Motivation zur Genealogie

  Auslöser und Motor überhaupt unsere Familiengeschichte zu erforschen und in dieser Form zu beschreiben, ist die mir schon als Kind aufgefallene Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit des Lebens und Schicksals meines Vaters und der "Wirklichkeit" seines Erscheinungsbildes für Alle, die ihm begegneten und ihn liebten.
  Genauso beschäftigte mich der innige "Glaube" meiner Mutter, der aber in keinem Zusammenhang mit der Wirklichkeit des Zusammenlebens von der Prägung ihrer Herkunft aus ihrer armen Berliner Familie hatte.

  1989 - "einfach mal so" in Masuren nächst des Geburtsorts des Vaters - konnte ich keine Wurzeln graben geschweige denn Anhaltspunkte finden.

  1991 - als allererster privater (!) Tourist in Kaliningrad gerade mal die Offiziere in der Kommandantur der Russischen Armee - der ehemaligen Blindenanstalt in der Luisenallee - auch nur erschreckt aber nichts Konkretes gefunden - nur - nachhaltig Kontakt zur Russlanddeutschen  Gemeinde - (1993 dort Kirchenchor gegründet) - stehe wenige Tage später in einer Menge singender Litauer am immer noch von russischen Panzern umstellten Fernsehturm in Vilnius. Ergebnis: Jahrelang erst einmal im Auftrag von EKD und Kirchenmusiverbänden, sich um den Aufbau kirchenmusikalischer Strukturen zu kümmern.

Weil ich da aber nicht weiter kam, bin ich ab 2008 auf die sogenannte Genealogie verfallen, die zunächst schlicht und einfach einen möglichst vollständigen Stammbaum
- angefangen "irgendswie" an gerade noch bekannten Namen und Orten - zu erstellen versucht. 

Was wir von einem Menschen sehen und beschreiben können, ist eine Mischung aus dessen innerer und äußerer Geschichte. Die äußere Geschichte lässt sich an Lebensläufen und Dokumenten nachvollziehen. Die innere Geschichte bleibt uns weitgehend verborgen. Je näher wir einem Menschen stehen und je mehr wir ihn lieben, desto eher haben wir einen kleinen Einblick in seine innere Geschichte und diese ist von vielen normalerweise undurchsichtigen Faktoren geprägt.

 Was mich bei meinen so ganz verschiedenen Eltern aber bewegt, ist, dass sich da unübersehbar auch die "Wege Gottes" mit ihrer Geschichte überschneiden. 

Ohne die "Wege Gottes" wahrnehmen zu wollen, haben wir alle eigentlich nur einen Anfang und ein Ende. 

 Wir sind aber auch Produkte unserer Vorfahren – das könnte ja noch einigermaßen mit den Chromosomen, Genen und DNA's erklärt – und entschuldigt – werden. Es ist aber nur die halbe Wahrheit. Wir sind – ganz unbewusst – auch Produkte der Freuden und Leiden, der Erfolge und Ängste, der Erfahrungen und Bekanntschaften und den dabei notwendigerweise angelernten Gewohnheiten unserer Vorfahren.

 Dem will ich versuchen nachzugehen und es an Nachvollziehbarem mir selbst, Euch und auch Anderen vergegenwärtigen – in einer inneren und einer äußeren Geschichte – und – wenn ich gar nicht weiter weiß, muss ich meine Fantasie zu Hilfe nehmen. 

 

 

Was für ein "Mensch" ist mein "Beinahe"-Urahn Pan Pawel Guttowsky, der als 9-Jähriger im Oktober des Jahres 1656 von den Tartaren in ihr Hoheitsgebiet rund um das Schwarze Meer, wahrscheinlich in die Türkei, "in die Dienstbarkeit weggeführet" wird.

Nach "über 10 Jahren" *) kehrt er aus der "Tartarey" zurück; in Wirklichkeit sind es mindestens 14 Jahre, wie bei zwei anderen Rückkehrern. **) Er nimmt etwa um das Jahr 1671 den weiten Weg vom schwarzen Meer - wie zwei andere, die an reiche Juden oder vornehme Türken in Konstantinopel verkauft sind und sich loskaufen können - auf sich, um das Erbe seines Vaters, des "Seel. Paul Gutt gewesenen Rosinsch Land Cämers", seine "Heimat" und damit auch weiteres Eigentum in Kiebißen wieder in Besitz zu nehmen. 
Inzwischen ist er 23 Jahre alt. Was er vorfindet, sind "seine 14 Adeliche Hube zu Diebowen des Johannesb. Ambts inzwischen gantz verwachsen", die er nun mit seinem Bruder Jacob teilt. 
*) schreibt Pawel Guttowsky in einem Brief vom Jahr 1690 
**) Quelle APG NF Bd 13, S. 188, bzw. EM 93 d
 

Jacob gibt 1690 auf und "sucht sein Glück bei der Miliz", Paul II. nicht; er schreibt, was einer seiner Vorfahren, "Pauell Gutt, Landt-Kemmerer" zwischen 1582 und 1595 auch mehrfach getan hat:
Er nervt - allerunterthänigst aber bestimmt - mit Bittbriefen seinen "Hochedlen, Weisen und Hochbenahmbten, Hoch zu Ehrenden Herrn Rath, undt Hochgeneigten Herr Ober Secretarie" und die trägen Amts-Hauptleute in Johannisburg. 

 

Den "Besitz" der Väter will er wieder zurück gewinnen, gottergeben aufgeben ist seine Sache nicht, hat den verwüsteten Besitz - 14 Huben - mit seinem Bruder Jacob geteilt, der diese Hälfte aber lieber um einen "Pfand-Schilling" verscherbelt und trotzdem für seine Hälfte um Abgabenbefreiung beim Kurfürsten nachsucht. Spät, kann er eine Maria heiraten und hat 44-jährig, zwischen 1691 und 1710 8 Kinder, den Letzten, Pawel, noch im August 1710. Er hat den weiten Weg von der Türkei auf sich genommen, versucht alles wieder aufzubauen, die Große Pest 1709/10 heil überstanden.
Und doch stirbt er am 19. Juli 1711
- nun zwar nicht eigentlich an der gerade abgeklungenen Pest, die gar nicht in Diebowen aber in Gutten und Kiebissen die Häuser, vielleicht bei der Verwandtschaft heimgesucht hat. - oder doch ? - wird aber genau so wie zur Pestzeit, ohne Pfarrer "verscharrt"! von einer "Dziewka".

d 19 Julij Sepult,

† Pan Pawel Guttowsky z Dybowo Dziewka Catharyna 

Nieboszczyka Albrechta Sejby z Kotow ?…….? 

Corka na Cmentarzu dat pochowa

(Pan Pawel Guttowsky aus Dybowo von der Magd Catharyna, 

Tochter des verstorben Albrecht Sejdy aus Kotow auf dem Friedhof an dem Datum begraben)

 

Seine "uralt" gewordene Mutter, Pania Matke Ewa geborene Bylowna, erhält 6 Jahre vorher als "Pania" (Adelige) noch einen Grab-Platz - w kościele ! - direkt an der Kirche:

1705 d 18. Januarij Sepult.

Pan Pawel Guttowsky z Dybowa Pania (Frau) Matke (Mutter?) Ewa urodzona (geborene) Bylowna z (w) Kori…ele ? kościół (z/w kościele an/bei der Kirche) pochowat (beerdigt)

Und - so erlebt er nochmals am eigenen Leibe und in seiner Familie, dass die Pest - 1709-1711 - erneut das Land entvölkert und sein letzter Sohn, Pawel/Paul III., lieber Soldat ist, aber dann doch den Restbesitz übernehmen muss. Die großen Brüder lehnen - offensichtlich - alle dankend ab. Der Besitz wird immer kleiner und ab ca. 1770 gibt es in Diebowen keinen Guttowski mehr. 

 

Was verbindet mich mit seiner "inneren Geschichte", was erahne ich in der Beschäftigung mit den von ihm zeugenden Briefen? Entdecke ich seine "Gene" in meinem Vater und auch in mir?

Was geht in ihm vor, wenn Kurfürst Friedrich III. zwar sein bzw. seines Amtshauptmanns Ansuchen auf Abgabenbefreiung zügig beantwortet, dann aber ein subalterner »Hoch zu Ehrender Herr Rat« diese gewährte Anordnung missachtet und er erst 3 Jahre später unterthänigst lobhudelnd um sein "Recht" kämpfen muss. 

 

In welcher Zeit leben sie und nach welcher "Mode" ändert er den Vatersnamen Gutt wieder auf den alten polnischen Adelsnamen? Was geht in ihnen vor, wenn Bruder Jacob mangels überlebender Frauen keine Frau findet, völlig verarmt, seine 7 Hufen verpfänden muss, der große Besitz der Väter von vor 1656 - 14 Hufen, weitere in Kybissen - durch die Pestepidemien (1709-1711), nachfolgende Hungernöte, Ernteausfälle und mangels "Dienstgesinde" immerhin auf 5 Hufe (so 1718), die meisten anderen "Freÿen" aber auf 1 Hufe, 15 Morgen verkleinern müssen?

 

Ähnliches Auf und Ab wiederholt sich in den folgenden Generationen. 

 

 Unsere Gutowski's nach 1784 sind geprägt von einer Frau, Barbara Wikowsczanka, die zwei Familien, die ihres ersten Mannes, des Freyschulzen Christian Foltin und die ihres aus Turowen zugezogenen zweiten Ehemannes, George Aemilius Gutowski, sowie ein stolzes Anwesen zusammenhält. 40 Jahre später geht es u.a. durch die blinde Mutterliebe von deren Schwiegertochter, Katharina Krispin, rapide bergab. Der Urgroßvater kämpft noch ums Überleben und seine Kinder  bewirtschaften den Hof praktisch nicht mehr. Ein Sohn, Großonkel, er nennt sich Ökonom, benutzt sein tumbes Schwesterlein als Matratze, "überzeugt" sich mit der Hinterlassenschaft von vier behinderten Kindern - eins davon, 1894 geboren, ist mein Vater. Im Jahr 1913 werden die 19+65+60 ha Brachland, Wiesen und Äcker für 12.000 Mark von einer älteren verbliebenen Schwester meiner Großmutter verscherbelt.

 

 


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